Kurve um Kurve schlängelt sich der blaue Bus den Berg hoch, mitten durch die Provinz Cotopaxi. Die Grossstadt Quito bereits hinter uns gelassen, befinden wir uns mittlerweile mitten im Andenhochland. Die Kleinstadt Latacunga im Tal, umgeben von diversen Bergen verschwindet in der an den Steilwänden hängenden tiefliegenden Wolken. Vor uns liegen Bergkämme, endlos scheinende Weiden und Steppenlandschaft so weit das Auge reicht. Bis auf den letzten Platz ist der Bus gefüllt. Cholitas (indigene Frauen mit ihren typischen Hüten) steigen in den Bus, Bauern und Kinder wünschen von einem zum anderen Ort gebracht zu werden. Allesamt steigen sie vor uns wieder aus. In Zumbahua, dem letzten kleinen Örtchen biegt der Bus ein letztes Mal ab, fährt wenige Kilometer über einspurige Strassen, bis ein grünes Schild schliesslich auch unser Etappenziel der heutigen Reise ankündigt: „Bienvenidos a Quilotoa“.
Mitten im „wilden Westen der Provinz Cotopaxi“, in einer grünen hügeligen Wildnis aus Schluchten, langgestreckten Bergrücken, mächtigen Felsgipfeln, liegt die kleine Häuseransammlung namens Quilotoa. Gefühlt befinden wir uns am Ende der Welt, hier oben in den ecuadorianischen Anden auf knapp 4000 Meter über Meer. Das Panorama ist fantastisch, der Wind beissend kalt, während Pferde, Schafe, ältere Männer sowie Quechua-Frauen, mit ihren Kindern im Tuch auf den Rücken gebunden, unseren Weg kreuzen.

Hügelige Landschaft rund um Quilotoa
Mit unseren Rucksäcken schlendern wir an den wenigen Häusern vorbei, gönnen uns vorab eine heisse Schokolade in einem kleinen Lokal, bevor wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft für die Nacht machen. Obschon einige Unterkünfte vorhanden sind, ist die Suche nach einer passenden gar nicht so einfach. Zu teuer, zu kalt, zu unfreundlich, zu geschlossen – ja, wir treffen auf so ziemlich alles, auf alles was wir momentan nicht gebrauchen können. Ein letzter Versuch bei einem hart arbeitenden jungen Mann schliesslich bringt die Erlösung. Seine kleinen Hütten seien zwar noch nicht ganz fertig, er könne uns aber ein Zimmer mit eigenem kleinen Ofen anbieten. Dies sei hier unabdingbar, werden die Nächte doch eisig kalt. Frühstück und Abendessen koche er zudem gleich für uns mit. Bingo! Wir könnten zufriedener nicht sein, machen es uns im kleinen, dank dem Ofen fast warmen Zimmer so gut es geht gemütlich und geniessen die Gastfreundschaft unseres netten Gastgebers.

Dank Ofen und dicker Jacke lässt es sich im Zimmer einigermassen aushalten
Quilotoa hat selbstverständlich aber noch weitaus mehr zu bieten, als die kleine Häuseransammlung in dieser atemberaubenden Gegend. Denn Quilotoa ist auch der Name des gleichnamigen Vulkans. Dieser allerdings erhebt sich aus der Landschaft nicht nach oben, sondern stürzt bis zu 250 Meter in die Tiefe.

Laguna de Quilotoa
Sattes Türkis, leuchtendes Azurblau, glitzerndes Aquamarin, samtiges, tiefes Marineblau – die Laguna de Quilotoa scheint die gesamte Blaupalette des Malkastens zu verwenden. Denn je nach Lichteinfall und Tageszeit schimmert sie in einem anderen Ton. Liegen dunkle Wolken über der Lagune zeigt sich diese gar in einem unergründlichen Pechschwarz. Abwechselnd smaragdgrün und marineblau glitzert die Lagune, während wir noch am selben Abend oben am Kraterrand stehen und den Blick über eine der wohl spektakulärsten Naturschönheiten Ecuadors gleiten lassen. Nur der eiskalte Wind, der uns unaufhörlich um die Ohren bläst, trübt den Genuss dieses einmaligen Panoramas ein klein wenig.
Dick eingepackt, mit gefühlten zehn Schichten an Kleidung machen wir uns schliesslich am nächsten Tag auf den Weg rund um die Caldera. Ein Weg entlang des oberen Kraterrandes des Vulkanes bietet eine Rundumsicht über die Lagune sowie die umliegende Landschaft. Bei schönem Wetter und guter Sicht kann man gar bis zum Cotopaxi, dem zweithöchsten Berg Ecuadors blicken. Relativ gemächlich starten wir unsere ca. fünfstündige Tour gegen den Uhrzeigersinn.
Unbedingt sollte die Tour frühmorgens gestartet werden, da das Wetter und insbesondere der Wind oftmals umschlägt. Bereits jetzt peitscht uns der Wind mit seinen starken Böen um die Nase. Der windigste und zeitgleich auch höchste Punkt der Umrundung erreichen wir schliesslich aber nach weniger als einer Stunde ziemlich atemlos – ob durch die Schönheit der Laguna oder durch den Mangel an Sauerstoff wissen wir noch nicht so genau.

Höchster Punkt: Monte Juyende – 3930 Meter über Meer
Eiskalt und peitschenartig fegt der Wind weiterhin über den Kraterrand. Der Weg verläuft teilweise derart exponiert, dass tatsächlich nur durch kurzzeitiges auf den Boden kauern eine vorübergehende Verschnaufpause von dem unerbittlichen Kampf gegen den Wind erreicht werden kann.

Verschnaufpause vom Kampf gegen den Wind
Doch trotz der ziemlich garstigen Wetterbedingungen ist das Panorama schlicht fantastisch. Der Weg führt teilweise nur über einen schmalen Grat dem Kraterrand entlang.

Atemberaubende Gratwanderung
Wir lassen uns Zeit und geniessen derweil jede einzelne Sekunde. Auch der Wind lässt nach und untypischerweise kommt gegen Nachmittag sogar die Sonne ein wenig zum Vorschein.
Zurück in dem gleichnamigen Örtchen Quilotoa geniessen wir schliesslich eingebettet in den grünen, welligen Weiden die letzten Sonnenstrahlen dieses einmaligen Tages. Und einmal mehr kommt nicht nur bei dem letzten Blick in diesen einzigartigen Kratersee Ehrfurcht auf. Fantastisch, welch unglaubliche Schönheiten die Natur doch schaffen kann!