„Meinst du das Boot macht das noch lange mit?“, rufe ich Dominique etwas angsterfüllt zu und halte ihn noch ein bisschen kräftiger fest, während die nächste Welle unser verhältnismässig kleines Schiff gefühlt senkrecht nach oben befördert, uns anschliessend in ein tiefes Loch fallen lässt, um gleich darauf die Wiederholung des ganzen Prozederes mit einem kräftigen Schlag gegen den Bug des Schiffes einläutet. Lauthals klatscht das Wasser an unser Bullauge. Zu sehen allerdings ist nichts, denn draussen herrscht dunkle Nacht. Und auch wenn ich aus dem Fenster schauen wollte, wäre dies ein Ding der Unmöglichkeit, werden wir doch im Sekundentakt nur schon im Bett liegend, ohne zu wollen von einer Seite zur anderen Seite manövriert. An Schlaf ist kaum zu denken, vielmehr bete und hoffe ich, dass Roberto, unser Kapitän seinen Job, anders als in manch anderen Ländern für einmal im Griff hat….
Ja, dass die See rauh ist, die Überfahrten mit dem Boot alles andere als ein Kindergeburtstag werden würden, wurde uns bereits im Vorfeld erläutert. Auch Jessica, unsere helfende Hand an Land meinte diesbezüglich noch, die Reina Silvia ist zwar eines der schönsten Schiffe dieser Grösse und Klasse, allerdings aufgrund ihrer Bauweise und Grösse nicht ganz so ruhig auf dem Wasser, wie vielleicht ein Katamaran. Dennoch haben wir uns für genau dieses elegante, eher kleine Schiff entschieden, und die Entscheidung war, trotz der etwas ungemütlichen Überfahrten mehr als richtig, wie sich relativ schnell herausstellt.
Bevor wir allerdings das Boot betreten, die Crew und unser Schlafgemach für die nächsten sieben Nächte kennenlernen, erkunden wir nochmals einen anderen Teil der Insel Santa Cruz. Inmitten des Eilands gelegen befindet sich die Ranch El Manzanillo, Treff- und gleichzeitiger Startpunkt unseres siebentägigen Abenteuers rund um die westlich gelegenen Inseln des Galapagos-Archipels. Hier gibt es nicht nur ein erstes feines Zmittag, auch treffen wir hier auf unsere Weggefährten für die nächsten sieben Tage. Und wie es der Zufall so will, treffen wir genau hier auf zwei Altbekannte. Denn neben Sashi und Carol aus Florida, Leena aus London sowie Mark und Emily aus West Virgina in den USA, gesellen sich zu der netten Truppe ebenfalls Louise und Dug aus Wales resp. Australien. Wer sich noch an unsere Zeit in San Juan del Sur in Nicaragua erinnern mag, weiss, dass wir die beiden, die wir ursprünglich in San Pedro, während unseres Sprachaufenthaltes in Guatemala kennengelernt haben, dort bereits einmal wieder getroffen haben. Wir freuen uns irrsinnig, die sieben Tagen mit den zweien, die wir schon längst in unser Herz geschlossen haben, zu verbringen. Aber auch unsere anderen Mitreisenden sind grundsympathisch und Fabian, unser Guide für die nächsten Tage verspricht eine spannende, lustige, aber auch überaus abenteuerliche Woche. Ja, wir freuen uns!
Mit Gummistiefel ausgerüstet erkunden wir kurz nach dem ersten Lunch die Ranch auf der es unzählige Landschildkröten zu bewundern gibt. Für einmal völlig ungewohnt lauschen wir den spannenden Erzählungen Fabians und freuen uns über Insiderwissen eines wahren Experten, denn nicht nur können wir uns für einmal völlig der Organisation hingeben, auch braucht es weder Recherche noch Wissenserweiterung unsererseits durch Lesen unzähliger Berichte, Artikel usw. Alles wird uns auf dem Silbertablett serviert. Ein kurzer Abstecher ins Charles Darwin Research Center, das wir ja bereits gesehen haben, bringt uns nochmals etwas näher an die riesigen, alten Landbewohner der Inseln.
Bilder aus dem Centro de Crianza in der Charles Darwin Research Station.
Mittlerweile haben wir die schönen Seiten der Insel gesehen und sind nur noch heiss auf eines: ab aufs Boot! Nachdem wir unsere Wetsuits anprobiert, noch ein letztes „Kennenlernbierchen“ mit den anderen an Land getrunken haben, geht es schliesslich tatsächlich ab aufs Schiff. Reina Silvia, die 28 Meter lange Luxusjacht, auf welcher tatsächlich bereits Richard Gere sowie Angelina Jolie und Brad Pitt mit ihren Kids gehaust haben. Ja wir geben’s zu, wir fühlen uns von der ersten Sekunde an wie Könige auf dem Boot. Die supernette Crew, das wunderschöne Schiff, die riesige Kabine, die grösser ist als so manch Hostelzimmer auf unserer Reise, all dies lässt unser Herz von der ersten Sekunde an höher schlagen. Luxus der uns bisweilen tatsächlich fremd war und nun sind wir tatsächlich mittendrin statt nur dabei! Ein erstes Dinner der Extraklasse mit Vorspeise, Hauptgang und Dessert stellt auch unsere Mägen auf ein anderes Niveau ein. Ja, an „First-Class-Reisen“ kann man sich definitiv gewöhnen.

Reina Silvia

Speisesaal
Obschon von Fabian, unserem netten Guide am Vorabend gut instruiert, wache ich mitten in der Nacht schweissgebadet auf. Während sich das Schiff über die Wellenkämme kämpft, von einem Tal ins nächste reitet, dabei lauthals gegen die Wassermassen klatscht, genau da wird mir bewusst, dass es sich nicht nur um einen schönen, ruhigen Sonntagsausflug per Schiff handelt, vielmehr wird mir vor Augen geführt in welch abgelegenem Gebiet sich die Inseln befinden, nämlich mitten im Nichts, mitten im Pazifik. Und obschon mein Magen tatsächlich von einem flauen Gefühl begleitet wird, bin ich einfach nur froh unser erstes Ziel, die Isla Floreana, etwas südlich von Santa Cruz gelegen, wohlbehalten erreicht zu haben. Die anstrengende Nacht allerdings ist schnell vergessen, denn kaum an Deck des Bootes bin ich beeindruckt von der Aussicht. In einer süssen kleinen einsamen Bucht, wo sich Fuchs und Hase oder vielmehr Fisch und Vogel gute Nacht sagen, beginnen wir unseren Tag. Und auch wenn das Wetter noch nicht so ganz mitspielt, bin ich bereits angekommen in diesem einzigartigen Paradies.

Kaffee frühmorgens an Bord
Alles ist angekommen…alles, ausser vielleicht mein Magen… Aber trotz des anhaltenden flauen Gefühls im Magen, geniesse ich den ersten Landgang in vollen Zügen. Mit dem kleinen Dinghy geht es vom Schiff aus an den Strand, wo uns bereits die ersten Tiere begegnen. Ruhig und völlig interessiert lauschen wir den Erzählungen Fabians. Seehunde, Blaufusstölpel (meine Lieblinge dieser Reise!), Krebse, und Meerechsen begegnen uns auf den ersten Metern.
Ruhig und völlig gespannt marschieren wir weiter ins Inselinnere, wo sich vor uns wie aus dem Nichts eine wunderschöne Lagune entfaltet. „Wenn wir Glück haben finden wir hier Flamingos!“, meint Fabian begeistert, um nur Sekunden später auf die andere Seite der Lagune zu zeigen: „Schaut da!“ Wir beobachten gespannt. Ein wunderschöner Anblick. Und als ob einstudiert, spreizen sie alle gemeinsam ihre Flügel und fliegen elegant eine wunderschöne Runde rund um die Lagune, ihre dunklen Flügel zeigend, um nur wenige Meter vor uns wieder zu landen. Was für ein Wahnsinns-Anblick!
Aber auch der Rest der einsamen Insel entzückt. Rauhe, gottverlassene, einsame Natur — etwas das wir schon immer abgöttisch liebten.

Isla Floreana

Rochen nah am Strand
Kurz vor dem Mittag schliesslich fahren wir mit unserem Boot den wohl berühmtesten Briefkasten der Welt an. In der bekannten Post Office Bay liegt er, der seit dem 18. Jahrhundert unabhängige, d.h. von keiner Post der Welt betriebene Briefkasten. Walfänger brachten diesen, nicht mehr als aus einem Holzfass bestehenden Briefkasten einst auf die Insel. Auf See fahrende Fischerboote konnten so ans Festland gerichtete Briefe hinterlassen, die dann von den heimkehrenden Fischerbooten mitgenommen wurden. Mittlerweile natürlich nicht mehr von Fischerbooten genutzt, hat der Briefkasten dennoch dank dem Einzug des Tourismus seine Funktionalität behalten. Die Briefe, resp. mehrheitlichen Postkarten werden dabei nicht mehr nur von der Insel aufs südamerikanische Festland, sondern in die ganze Welt verschickt. Die Tradition nämlich verlangt es, dass man die Postkarten, sollte eine aus der Heimatstadt dabei sein, mitzunehmen und persönlich vorbeizubringen. Eine schöne und spannende Tradition wie wir finden!

Post Office Bay
Haben wir bis anhin nur die Küstengebiete der dünnbesiedelten Insel Floreana besucht, fahren wir nachmittags schliesslich ins Innere der Insel. Mit einer Chiva, einem offenen Bus, fahren wir hoch in die Highlands. Hier treffen wir auf weitere Landschildkröten und erfahren spannende Anekdoten zu den Einwohnern der Insel. 1929 nämlich suchte eine Kölner-Familie hier ihr Robinsonglück. Das Abenteuer allerdings endete in einer Tragödie. Noch heute machen viele Schiffe einen grossen Bogen um die Insel, überschattet die Tragödie doch bis heute das Leben auf der Insel. Gar ein Todesfluch scheint über dem Eiland zu liegen. Eine spannende Geschichte über die erste dauerhafte Besiedelung der Insel, die allerdings alles andere als schön endet. Diese hier zu erzählen würde den bereits schon sehr ausführlichen Rahmen des Beitrag sprengen, weshalb interessierte dies gerne hier nachlesen dürfen.
Unmittelbar am Strand gelegen, findet man die Wittmer Lodge, ehemaliges Zuhause und heutiges Hotel der ehemals deutschen „Robinson-Familie“ auf der Insel Floreana.
Ich würde lügen, würde ich behaupten ich hätte die ruhige See während unserer zweiten Nacht nicht genossen. Über erstaunlich ruhige See fahrend, erreichen wir frühmorgens die westlich gelegene und gleichzeitig grösste Insel des Galapagos-Archipels, die Insel Isabela. Ein neuer Tag, der neue spannende Tiersichtungen und atemberaubende Natur verspricht. Dass sich die verschiedenen Inseln aufgrund Vulkanausbrüchen gebildet haben, bekommen wir während unserem ersten Stopp, dem Punta Moreno, in aller Deutlichkeit zu sehen. Mit dem Dinghy fahren wir abermals an Land, nur stranden wir dieses Mal nicht auf feinem Sandstrand, vielmehr besteigen wir eine dunkle Vulkanlandschaft. Ausgetrocknetes Lavagestein bildet eine riesige, wunderschöne, fast schon etwas „öde“ wirkende Vulkanlandschaft.
Haben wir die Landschaft um uns herum bisher ausschliesslich trockenen Fusses erkundet, so schenken wir unser Hauptaugenmerk am späten Vormittag der Unterwasserwelt. Mit Taucherbrille und Wetsuit ausgerüstet stürzen wir uns in die Wassermassen. Ich bin froh, habe ich mich für einen dicken, langen Wetsuit entschieden, denn die Wassertemperaturen sind zu dieser Jahreszeit tatsächlich alles andere als warm. Und obschon ich trotz dickem Wetsuite friere, bin ich begeistert von der Unterwasserwelt. Von einer Unterwasserwelt, die uns hauptsächlich nur noch im Gedächtnis bleiben wird, fehlen uns doch unzählige Bilder dieses einmaligen Erlebnisses. Ein Missgeschick unsererseit nämlich hat uns nicht nur diverser Fotos sondern insbesondere unzähliger Filme beraubt.
Den Nachmittag schliesslich schliessen wir mit einer Dinghyfahrt durch die Elisabeth-Bay ab. Vom kleinen Schlauchboot aus werden wir von der Tierwelt abermals äusserst verwöhnt. Goldrochen, Schildkröten und Seehunde wechseln sich im Sekundentakt ab. Wir wissen kaum wohin wir schauen sollen, insbesondere als der erste Pinguin direkt vor uns ins Wasser springt und genüsslich davon schwimmt. Was für ein Glück!
Wir hätten nicht glücklicher und zufriedener sein können, als uns schliesslich ein ganz spezielles Naturspektakel den Tag noch ein bisschen mehr zu versüssen vermag. Vor wenigen Tagen nämlich ist der Vulkan Sierra Negra auf der Insel Isabela gelegen ausgebrochen und spuckt bis heute noch Lava aus seinem Schlund. Bereits am Tage haben wir das Spektakel bei der Überfahrt mit eigenen Augen beobachten können. Und während die Sonne langsam hinter dem Horizont verschwindet, die Dunkelheit den Tag einnimmt, sehen wir erst das ganze Ausmass dieses einmaligen Naturspektakels. Alle sind sie hin und weg, unsere Mitreisenden, die Crew, unser Guide Fabian, und natürlich wir. Ganz nach dem Motto: „Fragen kostet ja nichts“, erkundigt sich Dominique bei Roberto, unserem Kapitän ob ein näheres Heranfahren denn nicht möglich sei. Es muss tatsächlich alle bis aufs äusserste gejuckt haben, denn nur kurze Zeit später legen wir von unserem Ankerplatz ab, stechen erneut in See, um nur wenige hundert Meter vom Vulkan enfernt das atemberaubende Schauspiel zu beobachten. Weit nach oben spuckt der Sierra Negra sein Innerstes in die Luft, während am Ufer die heisse Lava laut dampfend in den Tiefen des Meeres verschwindet. Wir können unser Glück kaum fassen und geniessen jede einzelne Sekunde dieses wunderbaren Naturspektakels.
Oh wie schön – das lässt Erinnerungen hochkommen. Die Blaufusstölpel waren auch auf meiner Liste ganz oben 😉
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Hallo Irene und Dominique
hen a super Blog gmacht und fantastische Bilder. Chapou.A isch a ware freud de Blog azluaga.Am liabsta wttma grad döt hera gho.Alles gueti köbi und Mama
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