Tongariro Alpine Crossing – ein spannender Tag in Mordor

Nach den letzten langen Fahrtagen mit wenig Bewegung wird es allmählich wieder höchste Zeit unsere Pumpe zu fordern und die Muskeln ein wenig brennen zu lassen. Inmitten der Nordinsel, ganz in der Nähe des Lake Taupo befindet sich eine der beliebtesten und spektakulärsten Tageswanderungen Neuseelands, die Tongariro Alpine Crossing. 19 km, 1000 Höhenmeter, ca. sieben Stunden Wanderzeit und atemberaubende Ausblicke über das Tongariro-Vulkanmassiv erwarten uns. Obwohl kein Sonntagsspaziergang sind wir motiviert, denn die garstig schöne Vulkanlandschaft im Tongariro-Nationalpark macht definitiv Lust auf mehr.


Es ist noch früher morgen, als wir im kleinen Ort des Tongariro Nationalparks unser Auto parken und auf unseren Shuttle warten. Eine kalte Bise schlägt uns entgegen, meine sieben Schichten allerdings halten der Kälte stand, noch zumindest. Denn nur tags zuvor, teilte uns die nette Dame vom Shuttleservice mit: „Zieht euch warm an, oben auf dem Plateau kann es stürmisch und bis zu -5° Grad werden!“. Wer mich kennt, weiss, dass spätestens ab diesem Moment alle Alarmglocken läuten und das Packen des Wanderrucksacks halbwegs einer Doktorarbeit gleicht. Und so sitzen wir also da, sieben Uhr morgens, mit Rucksack voller Kleider, Thermounterwäsche, Mütze, Schal und Handschuhe ausgerüstet und lassen uns zum Start der Wanderung fahren.

Frühmorgens am Start

Es ist ein schöner Tag, der Himmel ist wolkenlos und von einem Sturm so gar nichts zu spüren. Optimistisch und motiviert marschieren wir los. Die erste Stunde beginnt ziemlich gemütlich. Ein leicht ansteigender Weg führt immer weiter hinein ins Tongariro-Vulkanmassiv, während neben uns ein kleiner Bach bergab plätschert. In flottem Tempo steigen wir über eine Art Heide- und Sumpflandschaft empor.

Nach ca. einer Stunde ändert sich die Szenerie schlagartig. Es wird karg, steinig und steil. Devil’s Staircase wird dieser Abschnitt genannt und macht seinem Namen alle Ehre. Über Lavagestein steigen wir Meter um Meter höher, spätestens jetzt wird auch unsere Pumpe etwas gefordert.

Über Lavagestein steigen wir hoch

Aussicht von oben

Schneller als gedacht stehen wir schliesslich oben und haben bereits den ersten Aufstieg gemeistert. Vor uns ragen drei Vulkane aus dem Plateau – der uralte zerklüftete Mount Tongariro und gleichzeitiger Namensgeber des Nationalparks, der Mount Ruapehu, mit über 2797 Meter der höchste Vulkan der Nordinsel sowie der Mount Ngauruhoe mit seiner perfekten Kegelform besser bekannt als „Mount Doom“ oder „Schicksalsberg“ aus der Filmtrilogie „Der Herr der Ringe“. Herzlich willkommen in Mordor!

Schicksalsberg, Mount Doom – Mount Ngauruhoe

Gleich unterhalb des Mount Ngauruhoe überqueren wir schliesslich den gelben Krater. Habe ich spätestens hier mit stürmischem Wind gerechnet, ziehe ich stattdessen Schicht um Schicht aus, denn die Temperaturen sind weit entfernt von -5° Grad. Es ist wahrlich ein warmer sonniger und schöner Tag im ehemaligen Hoheitsgebiet Saurons!

Am Ende des gelben Kraters schliesslich folgt eine weitere kurze aber steile „Kletterpartie“. Erstmals seit Beginn der Wanderung eröffnet uns die Aussicht einen spektakulären Blick weit über das Vulkanmassiv hinaus. In dieser felsigen Einöde tummelten sich einst ganze Ork-Armeen, während ein kleiner Hobbit mit Namen Frodo Beutlin im Lavastrom des Vulkans unter dunklen düsteren Aschewolken genau hier mit seinem Ring das Schicksal von Mittelerde entschied. Heute allerdings scheint die Sonne, der Mount Doom verhält sich ruhig, weit und breit sind keine Orks zu sehen, so weit ganz nett eigentlich dieses Mordor.

Nur noch wenige Höhenmeter gilt es zu überwinden, bevor wir den höchsten Punkt und somit den anstrengendsten Teil hinter uns gebracht haben. Steil, über teilweise loses Geröll führt der Weg hoch. Wenige Meter noch und vor uns öffnet sich der wohl spektakulärste Ausblick des Tages. Sehen wir hinter uns den stolz emporragenden Mount Doom mit der flachen umgebenen Kraterebene, welche wir kurz zuvor durchquert haben, tauchen direkt vor uns kleine smaragdgrüne Seen auf. In der Ferne lassen sich derweil weitere Krater ausmachen die fast bis weit hinaus zum Lake Taupo reichen. Ein fantastischer Ausblick!

Spätestens hier legt der Wind allerdings etwas an Stärke zu, es wird deutlich kühler. Ein steiler Abstieg mit jeder Menge losem Geröll steht uns bevor. Während andere langsam und ein wenig zaghaft absteigen, merken wir, dass hohes Tempo und eine Art Skifahrtechnik nicht nur mehr Spass bringt, sondern um einiges krafteffizienter den Hang hinunterführt.

steiler Abstieg

Über einen Grat bestehend aus Geröll geht’s wieder runter

Bin ich noch froh mich auf den Beinen zu halten, während es andere fast im Sekundentakt auf den Allerwertesten haut, ist es schliesslich unten angekommen auch um mich geschehen. Winzig kleine Kieselsteine lassen den Weg in eine Art Rutschbahn verwandeln. Ich kann mich eben noch zu Dominique umdrehen während ich im gleichen Moment mit einem lauten Gluckser zu Boden gehe. Keine Sekunde später liegt auch Dominique flach neben mir…ja wenn wir was machen, dann eben richtig! 🙂 Glücklicherweise lässt das sensationelle Panorama den schmerzenden Popo aber schnell wieder vergessen und wir setzen unseren Abstieg, wenn auch ab sofort etwas zaghafter fort.

Die Szenerie rund um die smaragdfarbenen Seen ist überwältigend. Obwohl Schwefelgeruch in die Nase steigt, ist die Gegend traumhaft. Wir lassen uns Zeit beim bewundern der verschiedenen Seen, machen Mittagspause, schiessen unzählige Fotos und geniessen die spektakuläre Aussicht über das Tongariro-Vulkanmassiv.

Nach einer ausgiebigen Pause lassen wir die Seen schliesslich hinter uns und marschieren weiter durchs Massiv. Über eine breite Ebene und schliesslich auf eine letzte Anhöhe führt uns der Weg zu einem weiteren See. Hier werfen wir einen letzten Blick zurück bevor wir Mordor endgültig hinter uns lassen.

Blick zurück

Es ist wahrlich ein sonniger und erstaunlicher Tag in dieser so fesselnden Gegend. Wir saugen auf, geniessen und nutzen jede einzelne Minute aus, so atemberaubend ist die Aussicht hier oben. Tatsächlich fühlt man sich wie in einer anderen Welt.

Gleich hinter dem grössten der blauen Seen beginnt schliesslich der Abstieg. Obwohl es ab hier nur noch abwärts geht, zieht sich dieser Streckenabschnitt gewaltig in die Länge. Mit ständigem Blick aufs Ziel bringen wir die letzten Kilometer schliesslich hinter uns, ständig begleitet von einem einzigartigen Panorama.

Auf dem Weg nach unten passieren wir die Ketetahi-Hütte. Bei einem Ausbruch des Tongariro Vulkans am 6. August 2012 wurden Felsbrocken durch die Nacht geschleudert von welchen einer das Dach der Hütte durchschlagen hat. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Kaum vorstellbar was hätte passieren können, hätte ein Wanderer im Bett gelegen, welches direkt von einem der Felsbrocken getroffen wurde. Die Hütte jedenfalls ist seither geschlossen, das „Andenken“ an diese Nacht besteht allerdings weiterhin.

Bereits den ganzen Tag nehmen wir’s äussert gemütlich. So gemütlich, dass wir uns letzten Endes doch noch sputen müssen um den Shuttle-Bus zu erreichen. Erschöpft aber zufrieden sitzen wir schliesslich im Bus. Die Beine sind schwer, das Gemüt äusserst zufrieden und die Fotokamera zum Bersten voll – Mordor hat uns geschafft, aber die Anstrengung wars zweifelsohne wert! 🙂

Done!

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