Der Wind peitscht uns um die Nase, während unser Blick über das uns gebotene Naturspektakel schweift. Es sieht aus wie auf dem Mond. Ganz am oberen Ende des Dorfes ist sie einfach so da, die riesige imposante Kraterwand. Kilometerweit wandert unser Blick über die schier endlos wirkende Sandwüste, durch die riesige wunderschöne Caldera, wo er sich inmitten anderer Vulkane fast am Ende der Sea of Sands befindet, der Gunung Bromo. Selten habe ich etwas derart eindrückliches, schönes gesehen. Die Gedanken an die beschwerliche Anreise sind schnell vergessen, sind wir doch einfach nur übewältigt.

Sea of Sands mit dem Gunung Bromo in Hintergrund
Vieles erinnert uns an die Bergdörfer an der tibetischen Grenze in China. Die vielen Pferde, dicke Kleidung, das Aussehen der Menschen hat durchaus auch etwas von der Mongolei. Wir lieben es auf Anhieb, das kleine Bergdorf Cemoro Lawang, das Tor zum Gunung Bromo. Direkt an der Kraterwand gelegen, bietet es den perfekten Ausgangspunkt für die Erkundung der riesigen Caldera. Wir finden ein einfaches, aber völlig ausreichendes Zimmer ganz nah an der Caldera gelegen im Hause eines älteren, sehr netten Mannes. Zwei dicke Wolldecken liegen auf dem Bett, ein Zeichen dafür, dass es vorallem nachts wohl empfindlich kalt werden kann. Überhaupt weht jetzt mitten am Tag bereits ein kräftiger, kühler Wind.
Wir warten gar nicht lange, legen unser Gepäck ab, packen alles Nötige ein und marschieren los in Richtung Gunung Bromo. Ein enger, steiler Weg führt im Zickzack die Kraterwand hinunter in die Caldera. Vor uns liegt die Lautan Pasir oder oft auch „Sea of Sands“ genannte Caldera mit einem Durchmesser von mindestens zehn Kilometer. Ganz feiner Aschesand liegt auf dem Grund, welcher der Wind immer mal wieder aufwirbelt. Wir bahnen uns einen Weg durch die Sandwüste, vorbei an ganz wenig Vegetation in Form von Gräsern und Büschen – grobe Richtung Vulkan. In der Ferne entdecken wir mitten im Sandmeer neben anderen Vulkankratern ein kleines Kloster. Wir versuchen dorthin zu gelangen. Es ist einmalig. Die Weite, die Ruhe, die Landschaft. Ich fühle mich irgendwo zwischen Wüste, Mond und Western.
Es ist die Stille die ich aufsage. Einzig das Knattern eines Motorrades durchbricht die Stille. Wir sind fast alleine auf weiter Flur. In der Ferne vor uns sehen wir zwei andere Wanderer, auf der anderen Seite Reiter auf ihren Pferden.

Gunung Bromo
Das Kloster Pura Luhur Poten, das von den Tengger, einem der wenigen verbleibenden Hinduvolksstämme auf Java genutzt wird, ist leider geschlossen. Keine Menschenseele weit und breit. Wie wir später erfahren findet hier einmal im Jahr eine riesige Opferzeremonie statt, bei welchem die Tengger um den Segen der ansässigen Vulkangötter bitten und in einer langen Prozession auf den Kraterrand des Gunung Bromo hinaufsteigen, um Opfergaben wie Reis, Geld, Früchte und Blumen in dessen qualmenden Schlund zu werfen.

Kloster Pura Luhur Poten
Am Kloster vorbei, passieren wir eine Art ausgetrocknetes Flussbett, bis wir schliesslich am Fusse des immer noch aktiven Vulkans stehen. Die Stille wird vom tiefen Grummeln des Vulkans durchbrochen, je näher wir diesem kommen. Die Stimmung ist fantastisch, gleichzeitig auch unheimlich, denn der Klang des Vulkans ist furchteinflössend. Einen kurzen aber steilen Aufstieg gilt es zu bezwingen, bevor die letzten Treppenstufen uns hoch zum Kraterrand bringen. Die Aussicht ist gigantisch und trotzdem kratzt es bereits im Hals, denn bereits hier spürt man die Schwefelgase in der Luft.

Aussicht von oben
Wir steigen die letzten Stufen hoch. Das Grummeln wirkt immer bedrohlicher. Wir sind begeistert, gleichzeitig aber auch voller Respekt über das Schauspiel, welches die Natur uns bietet. Oben am Kraterrand angekommen tut sich vor uns der riesige und vorallem tiefe Schlund des Kraters auf. Das durch Mark und Bein gehende unglaublich laute Geräusch der austretenden Gase erinnert an einen riesigen Bunsenbrenner. Ja das ist er, der Sound of Earth! Furchteinflössend! Wir stehen auf dem Kraterrand des immer noch aktiven Vulkans Bromo, schauen hinunter in den tiefen Schlund und sind sprachlos. Lieben wir doch die Natur, konnte uns selten etwas so derart begeistern wie dieser unglaubliche Vulkan.

Blick in den Schlund

auf dem Kraterrand
Ein kleine Steinmauer schützt die Besucher vor dem Sturz in die Tiefe, jedoch nur an einem Ende. Wer will, kann den Vulkankrater umrunden. Die Wand ist teilweise jedoch nur Fussbreit und ich traue dem bröckelnden Lavagestein so gar nicht. Lieber bleibe ich an Ort und Stelle lausche, beobachte, geniesse und kriege mich vor Begeisterung kaum mehr ein.
Die Sonne verabschiedet sich schon bald, Zeit für uns den Rückweg anzutreten. Wir marschieren erneut durch die Sea of Sands geniessen und könnens kaum fassen, so etwas in einem Land wie Indonesien zu finden, wo man als erstes wohl eher an Meer, Inseln und Strand denkt. Wieder im Dorf Cemoro Lawang angekommen, machen wir es uns auf dem Kraterrand der Caldera gemütlich um der untergehenden Sonne bei ihrem Untertauchen Gesellschaft zu leisten. Es wird empfindlich kalt. Fleecejacke, Windjacke alles Vorhandene muss übergezogen werden.

Abendstimmung über der Sea of Sands
Eine kurze Nacht später, klingelt der Wecker bereits um 03:00 Uhr morgens. Zeitig müssen wir heute aufstehen, denn schliesslich wollen wir die Sonne auch heute wieder begrüssen. Was sich die letzten Tage jedoch leider bereits etwas abgezeichnet hat, wird nun leider Tatsache. Ich habe Fieber, Schüttelfrost und liege entkräftet im Bett. Einen Aufstieg zu unserem heutigen Ziel unter diesen Umständen wäre unmöglich, weshalb Dominique alleine loszieht. Gspöndli sind aber schnell gefunden und so zieht er mit einem netten deutschen Paar hoch zu einem Aussichtspunkt an der Kraterwand. Viel zu früh, wie sich später herausstellt, stehen sie auf dem erhöhten Platz, von wo man einen einmaligen Blick über die Sea of Sands mit dem mittendrin liegenden Gunung Bromo geniessen kann. Der Wind peitscht immer stärker um die Ohren. Es ist empfindlich kalt, während Dominique auf die aufgehende Sonne wartet. Doch dann endlich! Das Gebotene ist einmalig, während nämlich die Sonne ihre ersten Strahlen auf die Kraterwand des Gunung Bromo wirft und dem neuen Tag neues Leben einhaucht. Orange leuchten die Kraterwände, in einigen liegt gar noch Nebel! Immer höher steigt die Sonne bis schliesslich auch die Caldera mit den warmen Sonnenstrahlen beschienen wird. Wie wandelbar und atemberaubend dieser Ort doch ist! Könnten wir, würden wir sofort wieder an diesen Ort zurückkehren, denn irgendetwas magisches liegt dort definitiv in der Luft…für uns zumindest! 🙂

Sonnenaufgang über dem Gunung Bromo