Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss. Getreu diesem Motto haben wir uns ein letztes Highlight bis ganz zum Schluss aufgehoben. Wer nach Japan reist, sollte nämlich unbedingt in einem Ryokan schlafen und mindestens einmal in einem Onsen baden. Ryokan? Onsen? Bitte was? Genau die gleiche Frage haben wir uns noch vor der Abreise nach Japan auch gestellt. Einige Recherchen später war jedoch klar, genau das wollen wir auch! Nichts leichter als das, oder?
Nun, ums vorweg zu nehmen, es hat geklappt, nur mussten wir einiges ein wenig dem Zufall überlassen. Denn die Geschichte beginnt alles andere als entspannt. Ich mag mich noch erinnern, als wäre es gestern: Es ist Juli 2017, gemeinsam sitzen wir in Kuching im Hostel, während Dominique die Internetseite unseres auserwählten Ryokans durchforscht. Wie wild klickt er sich durch die Homepage, welche notabene fast ausschliesslich in japanischer Sprache gehalten ist. Verstehen können wir so gut wie gar nichts. Während er belustigt und wagemutig auswählt, klickt, ruhig nickt, weiter klickt, wippe ich nervös hin und her und beginne gleichzeitig Stresshormone zu produzieren. „Hast du irgend eine Ahnung was du da buchst?“, frage ich ihn. „Nö“, ist seine kurze Antwort, „wird schon passen!“. Ich, die gerne Kontrolle über vieles hat (leider), sehe mich innerlich bereits in einer Besenkammer schlafen. Glücklicherweise erweisen sich letzten Endes einmal mehr all meine Sorgen als unnötig, denn der Auftenthalt im Ryokan wird tatsächlich zu einem Highlight unserer Japanreise. Alles aber der Reihe nach…
Von Aso kommend besteigen wir den Bus welcher uns in kurzen 1.5 Stunden nach Kurokawa, ein kleiner Ort, der für seine berühmten heissen Quellen bekannt ist, bringt. Draussen regnet es in Strömen, das schlechte Wetter scheint mit uns zu reisen. Für einmal ist uns das aber sowas von egal, denn schliesslich warten zwei hoffentlich entspannte Tage auf uns.
Bereits die Ankunft lässt jedenfalls gutes erahnen, denn kaum aus dem Bus ausgestiegen wartet ein Chauffeur des Ryokans bewaffnet mit Schirm auf uns. Ja, so einen Luxus sind wir uns definitiv nicht gewohnt. Im Ryokan selbst werden wir begrüsst, als wären wir das Kaiserpaar höchstpersönlich. Während sich der Chauffeur unsere Rucksäcke schnappt, werden wir von einer netten jungen Dame an der Rezeption begrüsst, welche uns sogleich auch alles Nötige erklärt. Glücklicherweise ist die Rezeptionistin der englischen Sprache mächtig, sodass wir alle noch offenen Fragen beantwortet bekommen. Überhaupt steht dieser Aufenthalt in diesem Ryokan für uns unter dem Motto in möglichst wenige Fettnäpfchen zu treten. Und davon gibt es reichliche, ich sags euch! „Das hier ist euer Zimmer. Ein 6-Tatamimatten-Raum, wie gewünscht!“, zeigt uns die nette Rezeptionistin unser Zimmer. Wir sind überwältigt, überrascht und gleichzeitig einfach nur happy! Keine Besenkammer, kein Abstellraum! Nein, im Gegenteil, es ist ein Traum! In der Mitte des Zimmers steht ein kleiner Tisch mit einem süssen Teekännchen und zwei Schälchen, hinten ein kleiner Erker mit zwei kleinen Stühlen und einer wunderschönen Aussicht ins Grüne. Ja, die Japaner wissen anscheinend wie man sich’s gut gehen lässt.
„Im Schrank hier hinten findet ihr die Yukata und alle weiteren Utensilien fürs Onsen. Ich wünsche euch einen schönen Aufenthalt“, verabschiedet sich die Dame und verlässt das Zimmer. Wir schauen uns an, grinsen, und beginnen erstmal alles aufs genaueste zu erkunden. Neben dem Yukata („Bademantel“, welcher einem Kimono ähnelt) finden wir Waschlappen, „Flipflopsocken“ und vieles mehr. Wir giessen einen frischen Grüntee auf und schmeissen uns direkt in alle vorhandenen Anziehsachen. Obwohl wir uns etwas verkleidet vorkommen, oder vielleicht genau deshalb, haben wir einen riesen Spass. Besonders die „Flipflopsocken“ (Socken mit getrenntem grossen Zeh) haben’s uns angetan.
Wie Könige sitzen wir in unseren Yukata mit pinken und gelben Socken und Teeschälchen in der Hand auf den kleinen Stühlen und geniessen die Sicht ins Grüne.
„Wollen wir’s wagen?“, frage ich Dominique zögerlich. Wir gehen nochmals alles kurz durch um ja nichts falsch zu machen, denn Besuche in den Onsen haben in Japan eine lange Kultur und nur schon kleine Fehler kommen bei den Einheimischen alles andere als gut an. Wir als Besucher möchten nicht anecken und versuchen die Abläufe so gut wie möglich anzupassen. Hochmotiviert packen wir unser Badesäckchen und marschieren in Richtung Onsen. Zum Einstieg und langsamen Angewöhnen entscheiden wir uns allerdings für ein Privatbad. So können wir alles erstmal ohne unter Beobachtung zu stehen etwas genauer ansehen. Jeweils in einem Vorraum finden sich die Umkleideräume. Hier entledigt man sich seinem Yukata, denn gebadet wird in Onsen grundsätzlich „fudiblutt“. Im Onsen selber, wo sich das heisse Bad befindet, findet man auf einer Seite kleine Wasserhähne, manchmal auch Duschbrausen, kleine Schemel, Duschmittel und Shampoo. Ganz wichtig nämlich ist das vorgänige Waschen. Onsen wurden unter anderem auch für die Körperpflege, resp. Köperhygiene genutzt. Wer es richtig macht, setzt sich auf den Schemel, nimmt den kleinen Waschlappen und seift sich damit den Körper und die Haare ein, als gäbe es kein Morgen mehr. Wir haben tatsächlich schon beobachtet wie andere Besucher sich mindestens 5x eingeseift haben…

Waschbereich
Porentiefrein sind wir, dem Bad im Onsen steht daher nun nichs mehr im Weg. Mutig wie ich bin halte ich etwas zögerlich meinen grossen Zeh ins Wasser um in genauso schnell wieder hinauszuziehen. „Läck isch das heiss!!!“, höre ich mich nur sagen. Dominique schüttelt nur den Kopf um sogleich nach Braveheart-Manier gleich mit beiden Beinen hineinzustehen. Er kämpft, denn seine Gesichtszüge lassen vermuten, dass er es genauso unangenehm findet. „Ja, hab ich’s nicht gesagt?“, grummle ich nur schmunzelnd. Die heissen Quellen haben ihren Namen mehr als verdient, wirklich lange hält man es im Wasser nämlich gar nicht aus. Hat man sich aber einmal an die Temperaturen gewöhnt, ist es wunderbar entspannend. Sämtliche Muskeln lockern sich, der Stress der letzten Tage verfliegt.

Onsen
Möchte man übrigens wie ein Onsen-Profi aussehen, setzt man sich den Waschlappen während des Badens auf den Kopf. Das Schlimmste überhaupt nämlich ist, wenn der Waschlappen mit dem Wasser im Onsen in Berührung kommt, und so setzt man diesen halt einfach auf den Kopf. Sieht zwar dämlich aus, erfüllt aber seinen Zweck! 😉

Onsen-Profis
18:30 Uhr es ist Zeit fürs Abendessen. Wir kehren zurück ins Zimmer wo uns das Abendessen serviert wird. Eine weitere Überraschung für uns, denn auch hier haben wir keine Ahnung was wir bestellt, resp. gebucht haben. Noch während wir uns fragen was für Leckereien wohl aufgetischt werden, betritt plötzlich eine etwas ältere Dame mit einem riesigen Tablett unser Zimmer. Wow, das alles für uns? Schälchen um Schälchen wird uns aufgetischt. In fliessendem Japanisch erklärt uns die nette Dame um was für feine Speisen es sich auf dem Tisch handelt. Höflich nicken wir ihr zu, ohne nur ein Wort verstanden zu haben. Und da probieren bekanntlich über studieren geht, machen wir uns mit Essstäbchen bewaffnet auf die Schälchen auf dem Tisch zu plündern. Von eingelegtem Gemüse, über Tofu, rohem Fisch, bis hin zu Fischeiern ist so ziemlich alles dabei was das japanische Gourmetherz höher schlagen lässt. Wir sind überwältigt von der Auswahl, auch wenn das eine oder andere für unseren Gaumen doch etwas gewöhnungsbedürtig ist.
„Ruft mich über das Telefon an, wenn ihr fertig seid“, meinte die Dame in Zeichensprache noch zu uns bevor sie das Zimmer verliess. Mit der Meinung, dass dies unser sehr reichhaltiges Abendessen war, rufen wir an. Als die Dame jedoch mit einem weiteren Tablett voller Essen das Zimmer betritt verstehen wir im ersten Moment die Welt nicht mehr. Aha, war wohl „erst“ die Vorspeise. Uns wird Kobe-Beef, Reis und frisches Gemüse gereicht, abermals fantastisch. Den halben Abend schlemmen wir uns durch die japanische Küche, bis unsere Bäuche fast zu platzen drohen. Wow, was für ein Abendmahl!
Es ist noch nicht allzu spät und so wartet eine weitere Onsen-Partie auf uns. Diesmal getrennt voneinander betreten wir die Bäder, denn Männer und Frauen werden hier strickt getrennt. Beide können alle Bäder besuchen, denn morgens und abends werden die Onsen, resp. die Zuteilung getauscht, sodass Frau und Mann während eines Besuches jedes einzelne Bad geniessen kann. Mit unseren Badesäckchen machen wir uns abermals auf den Weg zu den Onsen. Ich für meinen Teil verschwinde hinter einem der roten Vorhänge, während Dominique ins Männerbad geht, welches mit einem blauen Vorhang gekennzeichnet ist.
Gleich zu Beginn entscheide ich mich für eines der grössten Bäder. Alleine der Umkleidebereich ist grösser als das Privatonsen. Ruhig schaue ich mich um. In meinem Kopf geistert nach wie vor nur ein Gedanke herum: „kein Fettnäpfchen, bitte kein Fettnäpfchen!“ Zu meinem Glück bin ich zurzeit die einzige die das Bad nutzt. Und so geniesse ich für nur 10 Minuten das fast siedendheisse Wasser, denn länger hält man es sowieso nicht aus.
Das schönste und beste aller Bäder aber ist das Aussenbad. Während der leichte Luftzug für leichte Abkühlung sorgt, geniesst man hier ein Bad unter freiem Himmel.

Aussenpool
Wir baden was das Zeug hält, nächtigen wunderbar in unserem Deluxezimmer und lassen den nächsten Morgen in etwa genau gleich angehen, wie wir den gestrigen beendet haben. Mit einem Bad im Onsen nämlich und einem üppigen Frühstück! Während desrestlichen Morgens unternehmen wir einen Spaziergang durch das süsse kleine Dorf Kurokawa, welches fast ausschliesslich aus Onsen besteht. Die heissen Quellen hier sind derart heiss, dass sogar Eier darin gekocht werden können.
Für uns war die Nacht im Ryokan ein entspannter und unvergesslicher Abschluss in diesem tollen Land. Wir konnten unseren Aufenthalt in vollen Zügen geniessen. Dass dies aber alles überhaupt möglich war, verdanken wir einer weiteren Spende. Vielen lieben Dank für dieses Wohlfühlpaket Mama & Köbi, wir habens sowas von genossen! 🙂