Von Takayama über Shirakawa-go nach Kanazawa – Abstecher in die japanischen Alpen

Der Zug ruckelt ungewöhnlich über die Geleise. Kurve um Kurve schlängelt sich dieser den Berg hoch. Unsere Nasen kleben an weiteres Mal an den Scheiben, denn das Panorama ist vielversprechend. Wir passieren Bäche versehen mit riesigen Felsbrocken, Zugbrücken, welche an die Viaduckte zu Hause erinnern sowie riesige Nadelwälder. Überhaupt erinnert uns die Fahrt unglaublich an unsere Heimat. Nicht das erste Mal empfinden wir Japan als sehr „schweizähnlich“, was die Landschaften ausserhalb der Städte betrifft. Vielversprechende Tage liegen also vor uns.

Für einmal sind wir nicht mit dem Shinkansen unterwegs, zumindest nicht den ganzen Weg, heutiges Ziel sind nämlich die japanischen Alpen, resp. der Anfang davon. Eine Diesellok bringt uns in ungewöhnlich langsamen Tempo von Nagoya hoch nach Takayama. Nach den Tagen in der Stadt bedeutet dies für uns wieder hinaus in die Natur, hoch in die Berge!


Sind wir eben noch durch die vollgestopften Strassen Kyotos spaziert, atmen wir nun keine drei Stunden später frische klare Bergluft ein. Leicht kühler ist es hier oben. Ein dreistündiger Spaziergang um das kleine Städtchen, durch den anliegenden Wald lässt unser Herz höher schlagen. Viele kleine Tempel liegen auf dem Weg. Ansonsten kaum Verkehr, kaum andere Leute nur wir hier oben. Wir geniessens sichtlich, wohl auch deshalb für einmal nicht bereits nach fünf Sekunden schweissgebadet zu sein.

Takayama

Takayama

Takayama

Takayama mit seinen knapp 88’000 Einwohnern ist aber vorallem für zwei Dinge bekannt, für den alten traditionellen Stadtkern sowie die hiesige Sakeproduktion. Wir folgen dem Rat unseres Hostelbesitzers und kehren in eine der Sakebrauereien ein. Für nur 200 Yen bekommt man hier ein kleines Sakeglas und kann sich durch sämtliche 12 angebotenen Sakearten durchprobieren. Obwohl wir eigentlich wirklich jeden einzelnen probieren wollen, geben wir bereits nach dem vierten Glässchen auf. Ja, es schmeckt uns einfach nicht!

Die Qual der Wahl

Cheers!

Sakefässer

Gegen Abend wenn alle Touristen den Ort wieder verlassen, wagen auch wir uns ins kleine Altstädtchen. Dann nämlich sind die kleinen Gassen fast menschenleer. Ein altes Holzgebäude reiht sich ans nächste. Wie bereits auch in China oft gesehen, sind diese mittlerweile jedoch Souvenirshop, Restaurant oder Snackbude.

traditioneller alter Stadtkern Takayamas

Für uns geht es in etwa gleichem Tempo weiter und so heisst es bereits am nächsten morgen Rucksack packen und weiterziehen. Denn obwohl uns der Railpass eine immense Freiheit verspricht, muss dieser auch genutzt werden und jeder ungenutzte Tag ist ein „verlorener“ Tag. Hier in den Bergen ab Takayama ist der Pass jedoch nicht gültig, weshalb wir uns für unser nächstes Ziel eine günstige Alternative suchen. Wir versuchen unser nächstes Ziel Shirakawa-go, ein kleines Dorf nur etwa 50 Kilometer entfernt anzusteuern. Neben normalen Bussen, werden auch diverse Touren angeboten. Und genau in einer solchen landen wir schliesslich. Ja wie jetzt? Tour? Wir? Ja! Kaum zu glauben aber das Ticket mit dem Tourbus (nur one-way) ist günstiger als der normale Linienbus. Zurück nach Takayama wollen wir nicht, denn unser heutiges Endziel liegt weiter nördlich an der Küste gelegen.

Pünktlich um 8:00 Uhr morgens stehen wir vollbepackt am Treffpunkt bereit. Mit uns noch einige andere Tourenteilnehmer. „Ah Dominique-san, right?“, begrüsst uns Yamamoto unser Tourguide äusserst freundlich. „Ihr habt nur einen Weg gebucht, weshalb wir euch bis zum Aussichtspunkt mitnehmen, anschliessend zeige ich euch wo ihr die Busstation für die Weiterfahrt findet!“ Ok, scheint also alles wie gewünscht zu klappen.

„Hellooooouuu everyooooone, weeeelcoome to our toooouuur to Shiiiiiraaaaakawaaa-goooo! I aaam your Tooourguide toooodaaaaay. My name is Yamamotoooo!“ Stellt sich eben dieser in herrlich singendem Englisch vor! Während der Fahrt erzählt er uns viele spannende Dinge über das kleine Dorf und erklärt uns alles Notwendige. Auch wenn wir wirklich oft schmunzeln müssen, liegt aber wohl eher an Yamamotos singendem Talent, merken wir, dass wir wohl noch fast nie derart gut vorberereitet und mit derart viel Wissen einen Ort auskundschaften. Auch mal schön, wie ich finde. Danke Yamamoto! 😉

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Als Yamamote aber auf einmal mit einem riiiiesigen Plüschaffen durch den Bus läuft und uns erklärt dass es sich hierbei um das Maskottchen der Gegend handelt, gibts kein halten mehr, ich pruste drauflos! Ja, Touren, vorallem mit Yamamoto sind echt amüsant! Vielen Dank für diese unterhaltsame Fahrt!

Japanisch posieren mit dem Äffchen

Shirakawa-go ein kleines Dorf inmitten riesiger Bergmassive und umgeben von saftig grünen Wäldern gelegen, hat aufgrund seiner speziellen Architektur der Häuser an Bekanntheit gewonnen. Die meisten der Häuser nämlich weisen ein spitzes, sehr schräg abfallendes Dach auf, was in Japan „Gassho-zukuri“ genannt wird. Die Dächer der Häuser sind meist mit Stroh abgedeckt, welches unter anderem den schweren Schneefällen, die hier im Winter oft vorkommen standhalten soll.

Gassho-Häuser

Massenweise Tourbusse machen halt in diesem kleinen, sonst schon eher unscheinbaren Dorf. Vom Aussichtspunkt, einem Felsen der gleich hinter dem Dorf empor ragt, hat man einen einmaligen Blick über das ganze Dorf. Saftig grüne Wiesen, Wälder und Reisfelder stehen mit dem tiefblauen Himmel im Wettbewerb um die kräftigsten Farben. Mein Blick schweift über die Ebene, ein tiefer Atemzug, ein Lächeln, für mich hat es sich schon mehr als gelohnt!

Aussichtspunkt

Wie vereinbart endet unsere Tour hiermit auch schon. Denn während der Bus hinunter in Richtung Dorf fährt, spazieren wir vollbepackt einen schmalen Weg entlang ebenfalls hinunter ins Dorf. Weiss der Geier weshalb uns der Bus nicht auch noch hinuntergebracht hat. Yamamoto unser Äffchen, wie ich in liebevoll nenne, meinte dazu nur dass sie zum Busparkplatz müssen. Dass dieser auf gleichem Weg liegt, ist reine Nebensache. Egal, der Weg ist ja nicht allzuweit und die Aussicht nach wie vor gigantisch! 🙂

Die nächsten drei Stunden verbringen wir unten im Dorf. Wir spazieren durch den kleinen Ort, besuchen eines der Häuser, das für die Öffentlichkeit zugänglich ist, treffen wiederum auf Yamamoto, welcher uns noch ein bisschen mehr erzählt und trinken Tee.

Am anderen Ende des Dorfes findet man das Sakemuseum. In Shirakawa-go nämlich wird ein ganz spezieller Sake hergestellt, der nicht zum Kauf angeboten wird und welchen man ausschliesslich hier probieren kann. „Doburoku“ wird dieser heilige Sake genannt. Dieser Sake wird während der kältesten Zeit hier in Shirakawa-go, im nebenanliegenden heiligen Schrein von Einwohnern des Dorfes hergestellt und ist schliesslich im August desselben Jahres trinkbereit. Gereicht wird dieser Sake allerdings nur während diverser Festivitäten im Dorf. Das erste Mal jeweils am gleichnamigen Doburoku-Fest, welches im Oktober stattfindet.

Hier am Ende des Durchgangs durch das Sakemuseum bekommen Besucher ebenfalls die Möglichkeit diesen speziellen Sake zu probieren. Während sich mein Mund und sämtliche Muskeln in meinem Gesicht schlagartig zusammenziehen, findet Dominique nur: „mmmh, fein!“ Und lässt sich gleich noch ein Glässchen resp. Schälchen einfüllen.

Bereits vier Stunden später geht die Reise für uns weiter. Der nette Busfahrer mit seiner strammen Uniform und seinen weissen Handschuhen kontrolliert unser Ticket, zeigt uns die Plätze und bringt uns in knappen zwei Stunden an unser heutiges Ziel Kanazawa. Nur Yamamoto fehlt bei dieser Fahrt leider ein wenig, so dass wir die Zeit nutzen ein wenig Schlaf nachzuholen.

Im Hostel angekommen, sind wir einmal mehr beeindruckt über die gut ausgestatten, sauberen und modernen Hostels in Japan. Gut, man bezahlt natürlich auch einen anständigen Preis, dennoch hatten wir bisher noch kaum eine schlechte Unterkunft. Grundsätzlich meiden wir ja Dorms, resp. Mehrbettzimmer. In Japan ist dies budgettechnisch aber fast unmöglich. Falls sich kein Airbnb finden lässt, nächtigen wir in einem der topausgestatteten und doch auch ein wenig Privatsphäre bietenden Dorms. Ach und so ganz nebenbei, die Toiletten in Japan sind tatsächlich der Wahnsinn. Betritt man eine Toilette steht man erstmal vor einer riesigen Auswah an Knöpfen. Von geräuschunterdrückenden Lauten, über diverse Closomatfunktionen bis hin zu verschiedenen Lichtfunktionen findet man wirklich alles.

Version 2

Kanazawa hätte mit seinem berühmten Schloss doch einiges zu bieten. Wir sind aber etwas reisefaul, vielleicht auch bereits ein wenig gesättigt, weshalb wir Sightseeing Sightseeing sein lassen und stattdessen lieber einen Spaziergang ohne Ziel durch die Stadt unternehmen. Während unserer kleinen Erkundungstour finden wir auch hier neben den modernen Teilen der Stadt auch immer wieder diese versteckten kleinen traditionellen Viertel. Wir schlendern duch die sogenannten Teehausviertel, durch den Fischmarkt sowie entlang des Flusses. Spätestens hier verstehen wir, weshalb Kanazawa in Japan auch als das „kleine Kyoto“ gehandelt wird.

Und so endet unser kleiner, aber feiner Abstecher in die japanischen Alpen am Flussufer sitzend. Erschöpft aber zufrieden! Wir lassen die letzten Tage Revue passieren, geniessen die letzten Sonnenstunden und lassen auch diesen Tag zufrieden ausklingen. Schön war’s!

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