Da wir bislang fast ausschliesslich gute Erfahrungen mit dem Ramadan in Malaysia gemacht haben, wagen wir uns nun in den wohl konservativsten Teil von ganz Malaysia – an die Ostküste. Eigentlich dient Kota Bharu hauptsächlich als Sprungbrett resp. Stopover um auf die Perhentian Islands, einer der bekanntesten Inselgruppen in Malaysia, zu gelangen. Unser Ziel aber sind nicht die Inseln, vielmehr möchten wir ganz einfach der Stadt selber und dem umliegenden Dschungel einen Besuch abstatten.
In Kota Bharu, der Hauptstadt des Bundesstaates Kelantan, ganz im Nordosten des Landes gelegen, leben knapp 500’000 Einwohner. Die Stadt ist eine der konservativsten Städte in ganz Malaysia mit den striktesten islamischen Gesetzen. Wohl auch aufgrund dessen verbringen Reisende hier nur ganz wenig Zeit um möglichst schnell weiterzuziehen. Zu unrecht wie wir finden.
Einer der wohl bekanntesten und meist besuchten Orte in der Stadt ist das zentral gelegene mächtige vierstöckige Gebäude in welchem sich der Pasar Besar Siti Khadijah befindet. Ein riesiger Markt auf welchem tagtäglich ein geschäftiges Treiben herrscht. Von Frischwaren wie Fisch, Fleisch Gemüse und Obst, findet man hier auch allerlei Gewürze, gekochte Gerichte und vieles mehr. Wir verbringen meist morgens die Zeit hier um das geschäftige Treiben rund um die Marktstände zu beobachten.
Anders als noch an der Westküste, spielt der Glaube und somit der Ramadan, augfrund der muslimischen Mehrheit hier eine zentrale Rolle. Entsprechend viele Shops, Restaurants und sonstige Einrichtungen sind geschlossen, auf der Strasse tummeln sich nicht ganz so viele Leute und trotzdem ist es genau das was uns so derart fasziniert. Während man am Tag nur wenige Leute sieht, ist die Situation am Abend eine ganz andere. Als wir eines Abends den Nachtmarkt besuchen, tummeln sich bereits sehr viele Leute auf dem Platz. Menschenschlangen bilden sich vor den jeweiligen Garküchen und Buffets. Noch vor Sonnenuntergang decken sich die Menschen hier mit allerlei Gerichten ein. Ein wahres Paradies auch für uns, finden sich hier vorallem auch Gerichte aus der Region Kelantan, eine einmalige Mischung von Speisen mit thailändischem und indischem Einfluss. Mit den ausgewählten Speisen, setzen sie sich anschliessend an einen der Tische, wo man sich zusätzlich noch ein Getränk genehmigen kann. Alle sind bereit, das Essen liegt vor ihnen… doch keiner isst.
Denn erst wenn der Muezzin bei Sonnenuntergang ruft, dürfen Muslime wieder ausgiebig essen und trinken. Dieses allabendliche Geschehen wird als Iftar (Fastenbrechen) bezeichnet. Während dieser Zeit ist die Stadt wie ausgestorben. Überall sieht man Familien an Tischen sitzen, an jeder Ecke wird irgendwo zusammen zu Abend gegessen. Kein Auto auf der Strasse, kein Lärm, einfach nur Stille. Wir mögen diese Zeit und geniessen es in dieser Stunde durch die Stadt zu spazieren, während wir wie immer freundlich von den Einheimischen gegrüsst werden.
Möchte man in Malaysia mit dem Zug von Süd nach Nord oder umgekehrt reisen, stehen einem hierzu zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung – die East Coast Line und die West Coast Line. Während die meisten mit dem Zug den Westen hoch und runter fahren, führt unser Weg dem Osten entlang durch den Dschungel mit dem Dschungelzug (ja welch Überraschung!;-)). Der Wecker klingelt bereits um 3:00 Uhr in der Früh. Noch ziemlich verschlafen bringt uns der nette Hostelbesitzer zum etwa sieben Kilometer entfernten Bahnhof. Er meint, sicher ist sicher, schliesslich sei nicht klar, ob um diese Uhrzeit bereits Taxis unterwegs seien. Mit etwa sechs anderen Leuten warten wir am Bahnhof auf den um 04:39 Uhr einfahrenden von Tumpat kommenden Zug. Wir sind leicht nervös, denn eigentlich konnte uns niemand so richtig Auskunft über diesen Zug geben. Den Fahrplan kannte so ziemlich niemand und im Internet konnten wir nur sehr wenige Informationen darüber finden. Egal, wir vertrauen einmal mehr auf unser Bauchgefühl, welches auch dieses Mal recht zu haben scheint. Überpünktlich um 04:30 Uhr nämlich fährt der Zug im Bahnhof Wakuf Bharu ein.
Der Zug rattert über die Geleise, draussen ist es noch dunkel. Die Sonne kommt langsam hinter dem Horizont hervor, um uns herum erstreckt sich ein schier endlos weiter Dschungel – ein fantastischer Moment. Das Sonnenlicht strahlt über die Sträucher, Bäume und Büsche, das Grün wird von Stunde zu Stunde satter. Während rund acht Stunden tuckert unser Zug durch den Dschungel Malaysias. Unsere Nasen kleben an den Fenstern, wir können kaum genug von diesem wunderbaren Anblick bekommen.
Inmitten des Dschungels, mitten im Nirgendwo, an einem kleinen Bahnhof bestehend aus einem kleinen Holzhäuschen besteigt eine Familie mit fünf Kindern unseren Wagen. Die Kinder strahlen und laufen völlig aufgeregt und nervös den Gang hoch und runter, schauen sich gespannt um und trauen sich mal mehr mal weniger uns zu nähern, hinter den Sitzen zu uns hinüber zu schielen um ganz zögerlich einen kurzen Blick auf uns zwei komischen Gestalten zu werfen. Ich liebe diese Begegnungen…diese Momente wenn einem wieder einmal bewusst wird: Nicht für alle auf der Welt ist es selbstverständlich mit dem Zug zu fahren, geschweige denn zu reisen. Eine Reise, wenn auch noch so kurz, mit der Familie zu unternehmen, aus welchem Grund auch immer ist ein riesen Abenteuer. Und während zu Hause sich vielleicht das ein oder andere Kind für Dinge wie Zugfahren vielleicht schon nicht mehr begeistern kann, weil es zum normalen Alltag gehört, ist es für andere noch etwas ganz Spezielles!
In Kuala Lipis endet unsere Zugreise vorerst. Ursprünglich war geplant eine oder zwei Nächte hier zu bleiben. Spontan entscheiden wir uns aber dafür gleichentags noch weiterzufahren. Uns hält irgendwie nichts in dieser Stadt, der Ort scheint wie ausgestorben zu sein, der Funke mag nicht überspringen. Und eben genau das ist es was unsere Freiheit zurzeit ausmacht: Bleiben oder Fahren wann immer wir wollen! Denn wir müssen nichts..gar nichts..