Etappe 6 – Hue nach Hoi An (167 km)
Wir überlegen hin und her wie es nun weitergehen soll und sind schon kurz davor das Abenteuer Vietnam hiermit zu beenden, resp. das Motorrad kurzerhand in den Zug zu packen und auf direktem Wege nach Ho Chi Minh zu fahren. Denn auch in Hue regnet es weiterhin in Strömen. Die Lust ist vergangen und die Wettervorhersage stimmt uns ebenfalls nicht wirklich positiv. Die Schlechtwetterfront hängt hartnäckig an der Küste Vietnams und zieht weiter ins Landesinnere. Die Einheimischen meinen zwar, dass die aktuelle Wetterlage momentan normal sei, richtig glauben können wir dies jedoch immer noch nicht. Alle 20 Minuten konsultieren wir unsere Wetterapp und hoffen auf Besserung. Denn schliesslich wollen wir das Unternehmen Vietnam nicht so schnell aufgeben. Immerhin haben wir es bis in die Mitte geschafft, trotzdem brennen wir darauf auch den Süden mit dem Motorrad zu bereisen. In letzter Sekunde, nach etlichen Diskussionen über pro und contra, über Sinn und Unsinn entscheiden wir uns ein weiteres Mal gegen das Aufgeben. Schliesslich versuchen wir wann immer möglich alles durchzuziehen was wir angefangen haben – und daher gibt es auch hier keine Alternative. Da müssen wir nun durch… Wir entscheiden uns aber erstmal den nächsten Morgen abzuwarten und nur loszufahren sofern es trocken bleibt. Und siehe da für einmal steht der Wettergott doch auf unserer Seite.
Hochmotiviert und mit viel Lust aufs Motorradfahren starten wir unsere nächste Etappe, welche uns über den berühmten Wolkenpass nach Hoi An bringen soll. Wer die Fernsehsendung „Top Gear“ kennt, hat von diesem Pass bestimmt schon etwas gehört.
Wir fahren aus Hue raus, dem Meer entlang durch kleine Dörfer. Neben der Strasse arbeiten die Einheimischen auf den Reisfeldern und säen neuen Reis.
Noch bevor wir auf die Strasse, welche uns über den Wolkenpass bringen soll einbiegen machen wir eine kurze Rast. Ein netter Vietnamese hält neben uns an um ein kurzes Schwätzchen zu halten. Das Wetter auf der anderen Seite sei ganz anders, dort scheint die Sonne, meint er vielversprechend. Wir können dies nicht ganz glauben und erwidern nur ein etwas höhnisches Lächeln. Der Hai-Van-Pass gilt tatsächlich auch als Wettergrenze Vietnams, trotzdem machen wir uns keine grossen Hoffnungen. Nebenbei gibt uns der Vietnamese noch den Ratschlag vorsichtig zu sein bei der Fahrt über den Pass. Die Strasse sei gefährlich. Nicht das erste Mal, dass wir dies zu hören bekommen.
Der Hai-Van-Pass bildet die natürliche Grenze zwischen Nord- und Südvietnam. Oftmals ist der Pass in Wolken gehüllt, weshalb ihm auch der Übername Wolkenpass verpasst wurde. Die Passhöhe liegt bei 496 m – von diesem Punkt aus bietet sich ein Panoramablick über den Ozean nach Da Nang und die Halbinsel Son Tra. Seit 2005 ist es nicht mehr nötig über den Pass zu fahren, da die Strecke durch einen 6.3 km langen Tunnel entlastet wurde.
Wir hingegen wollen über den Pass und so machen wir uns auf den Weg die Passhöhe mit unserem überladenen Motorrad zu erklimmen. Die Strassen sind gut ausbebaut und das Verkehrsaufkommen hält sich ebenso in Grenzen. Meist sind wir gar alleine auf der Strasse.
Kurve schneiden und träumen liegt jedoch nicht drin, denn nach jeder Kurve kann wie aus dem Nichts ein riesiges Ungetüm auftauchen.
Trotzdem, so gefährlich und spektakulär haben wir diese Passfahrt nun nicht empfunden. Etliche Travel-Agencys in Hue oder Da Nang preisen diesen Ausflug mit dem Motorrad als eine Fahrt vollpepackt mit Abenteuer, ja gar als die Beste Fahrt in ganz Vietnam an. Naja, wir können diese Euphorie nicht wirklich teilen. Liegt vielleicht einfach auch daran, dass wir aus unserer Heimat wesentlich höhere und interessantere Passfahrten gewohnt sind und mit der Western Ho Chi Minh Road doch schon spektakulärere Strassen befahren haben.
Schneller als gedacht erreichen wir die Passhöhe. Obwohl dick umhüllt im Nebel machen wir hier eine kurze Rast. Keine Passfahrt ohne Siegerfoto.. 😉
Auf der anderen Seite gehts wieder runter in Richtung Da Nang und tatsächlich öffnet sich die Nebeldecke nach nur zwei Minuten Fahrt. Der erste Sonnenstrahl seit langem erreicht uns. Wie lange haben wir doch die Sonne nicht mehr gesehen. Wir saugen jeden einzelnen Strahl ein und geniessen die Aussicht über den Ozean, die wirklich nicht zu verachten ist.
Die letzten Kilometer nach Hoi An sind dann nicht mehr wirklich spannend. Ab Da Nang reiht sich ein Luxus-Hotelkomplex an den anderen. Viele befinden sich erst noch im Bau – unzählige Baustellen scheinen aber auch brach zu liegen. Der Tourismus in Vietnam ist rückläufig (hätten wir selbst nicht geglaubt). Was bleibt sind unfertige Bauten, welche das Ufer verschandeln.
In Hoi An angekommen mieten wir uns aufgrund des unglaublich guten Preis-Leistungsverhältnisses (es wimmelt nur von Hotels) in ein schickes Boutique-Hotel ein. Und passenderweise erreicht uns eine weitere Spende, die gleich für zwei Nächte im Hotel mit Pool reicht.
Vielen Dank Mama und Köbi! Wir liessen es uns gut gehen! 🙂
Natürlich statten wir auch dem Städtchen einen Besuch ab. Mit dem Fahrrad erkunden wir Hoi An. Ein kleiner, hübscher Ort, der touristisch total ausgeschlachtet zu sein scheint, aber dennoch einen gewissen Charme versprüht. Ein Bummel durch die Altstadt lohnt sich aber allemal, kann man hier schliesslich ohne den in Vietnam allgegenwärtigen Motorenlärm durch die Stadt spazieren. In der Altstadt Hoi Ans‘ sind motorisierte Gefährte für die meiste Zeit am Tag nämlich verboten – Erholung pur!
Der seit Tagen anhaltende Regen hat aber auch in Hoi An seine Spuren hinterlassen. Die Uferpromenade ist bereits leicht überflutet. Wie wir Tage später erfahren, war dies erst der Anfang, denn nur eine Woche später waren sämtliche Strassen der Altstadt komplett unter Wasser.