Obwohl Belize, insbesondere Caye Caulker uns wahres Karibikfeeling vermittelt, verlassen wir dieses, von Latino-Ländern umgebene exotische Land und überqueren die nächste Grenze – die Grenze nach Guatemala. Mit unserem ersten Stopp in Flores, von wo wir der alten Maya-Stätte Tikal einen Besuch abstatten, geht es weiter nach Semuc Champey mitten in den Dschungel Guatemalas. Obwohl sich alles ziemlich hübsch und interessant anhört, merken wir auf der anderen Seite aber ziemlich schnell, dass wir uns auf mitten des bekannten Gringo-Trails befinden. Der kleine Bruder des Banana-Pancake-Trails, der zweiten grossen „Standardroute“ durch Südostasien, allerdings ist genau so wenig unser Ding. Und trotzdem lernen wir einmal mehr, dass Touristenorte eben nicht umsonst zu solchen geworden sind, denn abgesehen von den vielen jungen Backpackern finden wir durchaus Gefallen an dieser einzigartigen Region inmitten Guatemalas.
Schon in Asien haben wir die kleinen Schuttle-Busse, bestehend aus kleinen Minivans gehasst. Die kleinen Busse, welche meist junge westliche Reisende von Punkt A nach B bringen, ohne dass sich nur einer der Insassen auch nur einmal um etwas Gedanken machen muss. Meist zusammengepfercht wie Kühe in einem Viehlaster gefällt uns diese Reiserei nur schon des fehlenden Komforts wegen so gar nicht. Tatsächlich nämlich bieten uns die lokalen Busse, weitaus aus mehr Beinfreiheit, spannende und nette Bekanntschaften, Abenteuer und vor allem jede Menge Spass. Entsprechend schnell ist die Entscheidung gefällt per Lokalbus nach Flores zu gelangen und somit eine angenehme Reise durch den Westen Belize, den Osten Guatemalas bis hin nach Flores zu geniessen.
Flores, das kleine Städtchen inmitten des Sees Petén Itzà gelegen, gilt als Ausgangspunkt nach Tikal, einer der grössten und wohl bedeutendsten Maya-Stätten der Welt. Die Maya Ruinenstätte lassen wir aber erstmal links liegen, vielmehr lassen wir es langsam angehen, geniessen die Tage in und um den See.
Und auch kulinarisch lassen wir es uns erneut gutgehen. Bietet Flores nämlich seit langem wieder ein unglaublich reichhaltiges Streetfoodangebot, bei welchem man nach Herzenlust zuschlagen kann, inklusive süssem Dessert!
Aufgeregt starten wir schliesslich in den Tag. Es geht nach Tikal. Anders als von vielen empfohlen, entscheiden wir uns gegen die frühe Anreise zum Sonnenaufgang, zu neblig erschienen uns die Morgen in den letzten Tagen. Und genauso soll es auch an diesem Tag sein. Obwohl nicht zur Stunde des Sonnenaufgangs, stehen wir trotzdem bereits um 6:00 Uhr an der Pforte der Stätte. Der Nebel hängt tief, eine mystische Stimmung umgibt das Areal. Tatsächlich haben wir auf unserer Reise nun schon einige Mayaruinen zu Gesicht bekommen, jede auf ihre eigene Weise speziell. Und trotzdem vermag uns genau Tikal irgendwie zu überzeugen. Wir sind begeistert von den gut erhaltenen Maya-Wegen, von den vielen noch immer im Dschungel vergrabenen Ruinen. Denn immer noch sind erst etwa 20 % der gesamten Stätte freigegraben, ganze 80 % liegen weiterhin vergraben im tiefen, dichten Dschungel Guatemalas. Vielleicht ist es die Umgebung, der dichte Dschungel mit seinen tierischen Lauten, der uns überzeugt, vielleicht sind es aber auch ganz einfach die unglaublich spannenden Erzählungen unseres Tourguides die faszinieren. Denn das erste Mal überhaupt lassen wir uns von einem Guide durch das Gelände führen. Zwar schon immer viel über die Maya-Kultur gelesen, bekommen wir so nochmals einen ganz anderen Einblick in die Lebens- und Bauweise der Maya.
Über einen schmalen Pfad suchen wir uns unseren Weg quer durch den Dschungel, entdecken einen Tempel nach dem anderen, bis wir schliesslich am Fusse des höchsten Gebäudes von Tikal stehen. Ganze 64 Meter hoch erhebt sich der „Templo IV“ und ragt über sämtliche Bäume des Regenwalds empor. Motiviert erklimmen wir die Stufen, schwitzen in der mittlerweile sengenden Sonne und freuen uns nur Minuten später über den unglaublichen Ausblick über die Weiten des Dschungels Guatemalas.

Templo IV
Dass wir uns nun definitiv auf dem sogenannten Gringo-Trail bewegen, merken wir spätestens bei der Fahrt zu unserem nächsten Ziel, Semuc Champey. Wie bereits erwähnt fahren Shuttles von Hostel zu Hostel, welche allesamt auf Spass und Party aus sind und zudem völlig überteurte Angebote anbieten, wo man praktischerweise sämtliche Mahlzeiten einnehmen kann und zusammen mit der gleichen Backpackermeute, die die gleiche Route abklappert sämtliche Must-See’s mittels Tagestour ansteuern kann, ohne auch nur einmal mit der lokalen Bevölkerung, den lokalen Begebenheiten in Kontakt zu kommen. Reisen in einer Seifenblase. Obwohl auch wir gewisse Annehmlichkeiten manchmal zu schätzen wissen, hat genau diese Art von Reisen für uns herzlich wenig mit Individualreisen zu tun. Noch nie haben wir Reisestile verurteilt, finden es grundsätzlich toll, wie jeder seinen eigenen Reisestil, ob Luxus oder Low-Budget pflegt. Und trotzdem geht uns dieser Zirkus hier zu Beginn doch ziemlich auf die Nerven, verstehen wir nämlich nicht, wie man durch so tolle Länder reisen kann um den ganzen Tag im Hostel zu verbringen, möglichst alles vorbereitet auf dem Silbertablett serviert zu bekommen und gleichzeitig möglichst wenig mit Einheimischen in Kontakt treten zu müssen. Vielleicht sind wir aber auch nur genervt, weil uns fast keine andere Möglichkeit bleibt, als zusammen mit der Backpackermeute zu reisen. Konnten wir uns in Asien dank unseres Motorrades noch frei bewegen, uns vom Banana-Pancake-Trail etwas abseits halten, ist es in Guatemala fast unmöglich. Auch wir müssen uns nach langer Recherche für diese eine Strecke auf einen Shuttlebus einigen und so reisen wir mit den meist 18-jährigen Partyjungs ganze acht Stunden nach Semuc Champey. Dass dabei noch ein Halt bei Mc Donalds gemacht wird, verwundert uns schliesslich herzlich wenig. Egal, der Frust schliesslich ist schnell vergessen, als wir nämlich unser hübsches kleines Hostel inmitten des Dschungels in Lanquin erreichen, welches von einer einheimischen Familie aus Lanquin geführt wird. Kleine Hütten ragen auf dem Hügel empor, bieten einen atemberaubenden Blick auf die grüne Umgebung und der neu erstellte Infinity-Pool zuoberst auf dem Gipfel lässt unser Herz schliesslich vollends höher schlagen. Ja teilweise schätzen eben auch wir den kleinen bescheidenen Luxus.
Es scheint als hätten wir es irgendwie angezogen, denn obwohl wir uns für ein ruhiges Hostel und wie so oft gegen die Partybude gegenüber entschieden haben, steigt die halbe Partymeute im selben Hostel ab. Wir wissen, dass es dagegen wohl nur ein Mittel gibt, nämlich mitfeieren, dennoch sind wir alles andere als in Partylaune, vielmehr nämlich wollen wir uns der unglaublichen Natur widmen. Obwohl wir uns mit den jungen Wilden gut verstehen, wird es uns zuviel. Wir wechseln unser Zimmer in die ruhigere Ecke des Hostels und suchen Ruhe im Dschungel rund um Semuc Champey. Lanquin ein kleines verlassenes, noch sehr ursprünglich wirkendes Dorf fasziniert. Die Menschen begegnen uns allesamt überaus nett. Scheint der kleine Ort meist etwas ausgestorben, wimmelt es vor allem sonntags von Menschen. Sonntags ist Markttag, entsprechend voll ist das kleine Dörfchen, haufenweise Verkäufer und Käufer tummeln sich in den Strassen. Ein wildes Treiben herrscht als wir uns zusammen mit Will, den wir bereits in Flores kennengelernt haben, auf den Weg Richtung Semuc Champey machen. An der einzigen Weggabelung des Dorfes schliesslich finden wir das passende Collectivo, ein kleiner Pickup, der uns zusammen mit anderen Einheimischen in die umliegenden Dörfer bis weit hinein in den Dschungel nach Semuc Champey bringt. Erneut kommen wir uns wie auf einem Viehtransporter vor, nur macht es diesmal um einiges mehr Spass, während nämlich der Fahrtwind uns den Staub ins Gesicht wirbelt und gleichzeitig einen atemberaubenden Blick über den Dschungel bietet.
Durchgerüttelt von der rasanten Fahrt steigen wir hinauf zum Aussichtspunkt „El Mirador“. Schweisstreibende 30 Minuten geht es Stufe um Stufe steil hoch bis wir schliesslich den Aussichtspunkt erreichen. Von hier aus hat man einen umwerfenden Blick auf die mitten im Dschungel gelegenen, türkisen Pools von Semuc Champey.

Aussicht von El Mirador
Semuc Champey bedeutet auf Deutsch soviel wie: „Dort, wo das Wasser in der Erde verschwindet“. Ziemlich treffend, schliesslich teilt sich hier der Fluss in zwei Läufe. Während sich die Wasserbecken durch seitliche Zuläufe füllen, fliesst der Fluss Cahabón unterirdisch hindurch. Umgeben von einer atemberaubenden Vegetation geniessen wir schliesslich das Bad im kühlen Nass. Die Kulisse ist atemberaubend. Wir geniessen diese absolute Ruhe, denn glücklicherweise sind wir einmal mehr früh aufgestanden um die einmalige Kulisse fast für uns alleine zu geniessen.

Semuc Champey
Wer von der Natur noch immer nicht genug hat, kann sich schliesslich in einer naheliegenden Höhle den ultimativen Nervenkitzel gönnen. Nur mit einer Kerze bewaffnet geht es hinein in die dunkle Höhle. Mit Trekkingschuhen und Badehosen bekleidet wandern wir schliesslich dem unterirdischen Fluss entlang, steigen über Felsen, rutschen kleine Flussläufe hinunter immer mit dem Auge auf die Kerze gerichtet, diese ja nie auszulöschen. Ein lustiger, aufregender Abschluss eines unglaublichen Ausfluges inmitten des Dschungels Guatemalas, der uns letztlich doch noch zu verzaubern weiss.

K’anba Caves